Ein Schießsport-Krimi: SSV Kassau ist Meister der 2. Bundesliga Nord
Leonie Werner entscheidet im Stechen mit 10:9

Für den ersten Kassauer Jubel sorgte Markus Dietmayr mit seinem Punktgewinn bei 390:387 Ringen. Foto: WBO

Es ist geschafft! Im dritten Jahr der Zugehörigkeit zur 2. Luftgewehr-Bundesliga Nord erkämpfte sich der SSV Kassau trotz einer knappen 2:3-Niederlage gegen den SV Ladekop in Braunschweig den Titel. „Das ist der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte. Jetzt nehmen wir die Herausforderung an, in der Relegation an die Tür der ersten Liga im Deutschen Schützenbund zu klopfen“, sagte Vereinsvorsitzende Anka Venohr. Die Entscheidung über die Meisterschaft fiel im direkten Wettkampf gegen den bisherigen Tabellenzweiten, der unbedingt in die Liga eins möchte, erst durch einen Stechschuss.

Das bisher ungeschlagene Kassauer Team fuhr recht gelassen zum Schlusswettkampf nach Braunschweig, weil Rang zwei der Tabelle schon zur Aufstiegsveranstaltung reichen würde.  „Wir wollten selbstverständlich gewinnen, um ungeschlagen Meister zu werden“, schildert Venohr das Ziel. Von den fünf Schützen waren zum Titelgewinn lediglich zwei Einzelpunkte zu holen. Das aber erwies sich als schwierig, denn das Trainergespann Patricia Weede und Andreas Berthold musste auf den Australier Jack Rossiter verzichten, der von 395 bis 399 Ringe geschossen hatte.

In den Paarungen eins und zwei schafften es trotz guter Leistungen Tanja Zupke (391 Ringe) und Hannah Ehlers (384) nicht. „Nach der Setzliste hätten wir 0:5 verlieren, aber auch mit 5:0 gewinnen können, so dicht lagen die bisherigen Leistungen zusammen“, sagte Markus Dietmayr, der durch seine Saisonhöchstleistung von 390:387 den ersten Punkt machte. „Nachdem Florian Jeger in der vierten Begegnung mit 383:386 Zählern verlor, sahen wir uns schon als Vizemeister“, sagte Berthold.

Leonie Werner hatte nach Gleichstand von 389 Ringen noch die Nerven für den siegreichen Stechschuss beim 10:9. Foto: WBO

Dann aber hatte Leonie Werner ihren großen Auftritt. Bei den letzten fünf der 40 Schüsse „sprang mir fast das Herz aus der Brust“ schildert die 24 Jahre alte Leonie Werner die letzte Phase. Der Bildschirm zeigte nach dem 40. Schuss 389:389. „Das war ein Ring mehr als meine bisherige Höchstleistung“, entfuhr es Leonie Werner zunächst erfreut. Dann aber wurde es ganz leise im Braunschweiger Schießstand, denn bei einem Gleichstand gibt es eine Entscheidung im Stechen. In diesem Fall auch über den zweiten Einzelpunkt, der die Meisterschaft bringen könnte. „Fertigmachen zum ersten Schuss.“ Werner und Stoll schauten versunken auf den Boden, hinter sich die jeweils vier Teammitglieder und mitgereiste Fans. Die Zeit lief, beide Luftgewehre hoben sich, um die einen halben Millimeter kleine Zehn anzuvisieren. Einatmen, Druckpunkt nehmen, sauber abziehen. „Da war die Zehn, ich war einfach glücklich“, sagt Leonie Werner, auf dem Nachbarbildschirm von Julian Stoll sah sie die Neun. Der befreiende Jubel der Kassauer folgte, ebenso die faire Gratulation an den SV Ladekop zum 3:2. „Das ist hart für mich, aber wir fahren nun ja beide zur Relegation“, sagte Julian Stoll enttäuscht aber schnell wieder gefasst.

Die Vorsitzende Anka Venohr blickt zurück: „Wir sind nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga 2019 als Siebte einmal in Abstiegsfahr geraten und haben erlebt, wie anstrengend eine Relegation ist. Der Meistertitel aber macht uns jetzt sehr stolz.“ Bei der Siegerehrung erwähnte sie besonders die in der Saison eingesetzten Schützen Jack Rossiter und Celina Dahm. Beide hatten durch vier und fünf Einsätze mit Durchschnittsringzahlen von 397,75 und 388,80 zu den bisherigen Siegen beigetragen. In Reserve stünden auch noch Lina Meier und Robin Jedtberg.

Und wie sind die Chancen für die Ostholsteiner, das Oberhaus zu erreichen?

„Da geht es am 29. Januar um 11 und um 15 Uhr in Hannover in zwei Durchgängen nicht mehr um das Schießen Schütze gegen Schütze, vielmehr werden die Gesamtringzahlen der fünf Starter addiert“, erläutert Andreas Berthold. Das Teilnehmerfeld sei besonders leistungsstark. Nach dem Papier haben wir wohl keine Chance.“ Aber man wisse ja nicht wie der Tag verläuft. „Auf jeden Fall steht unser Australier Jack Rossiter zur Verfügung, das bringt uns schon gut 20 Ringe mehr ein“, sagt Patricia Weede als Mittrainerin.   

Bericht: Wilhelm Boller



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